„Einfach Tacheles reden“

Abschied von Karl Fürst von Schwarzenberg

Es war vor 75 Jahren, dass der am 10. Dezember 1937 geborene Karl von Schwarzenberg mit seiner Familie nach der kommunistischen Machtübernahme in der Tschechoslowakei seine böhmische Heimat in Richtung Schweiz verließ, deren Staatsbürgerschaft die Familie bereits seit Generationen innehatte. Vor wiederum fast 35 Jahren kehrte der Unternehmer, Landwirt und Politiker – der seit 1979 Oberhaupt der Familie Schwarzenberg war – in sein Heimatland zurück, wo er in den vergangenen Jahrzehnten eine der prägenden politischen Gestalten sein sollte und als solche zu einem Brückenbauer zwischen dem Osten und Westen Europas wurde. Am 12. November 2023 ist Karl von Schwarzenberg in Wien gestorben.

Dort hatte er nach der Übersiedlung aus der Tschechoslowakei die Schule abgeschlossen und – ebenso wie in Graz und München – Rechts- und Landwirtschaftswissenschaften studiert. Schon bald übernahm der junge Adlige Verantwortung für die der Familie in Österreich sowie Deutschland verbliebenen Besitzungen. Nach dem Untergang des Kommunismus sollte er dies auch für das Schwarzenbergsche Grundeigentum in Tschechien tun können, das zu großen Teilen zurückerstattet wurde. Der Freiheit ganz Europas galt von Schwarzenbergs politischer Einsatz bereits in den vorangegangenen Jahren, insbesondere ab 1984, als er zum Präsidenten der Internationalen Helsinki Föderation für Menschenrechte gewählt wurde, die sich als Nichtregierungsorganisation für die Einhaltung der Menschenrechte in den KSZE-Staaten einsetzte.

2018 erinnerte sich von Schwarzenberg in einem Interview für diese Zeitung daran, wie er die Ereignisse des Jahres 1989 erlebt hatte: „Im Prinzip gespannt, was passieren wird. Man merkte, dass das sowjetische Reich in sich zusammenbricht. Bloß wie schnell dem so sein wird, haben wir alle nicht geahnt. Aber natürlich, die Ereignisse in Ungarn, dann in der DDR usw. waren hoch interessant. Am 17. November war ich nicht in Prag, sondern in Ungarn, oben bei Debrezin. Plötzlich kommt jemand zu mir und sagt: ‚Im slowakischen Fernsehen senden sie, es tut sich was in Prag.‘ Am nächsten Morgen bin ich losgefahren und habe schon von unterwegs angerufen, man soll mir ein Visum für Prag geben. Das wurde zunächst einmal abgelehnt, und mir wurde mitgeteilt, ich sollte wissen, dass ich in Prag nicht willkommen bin. Eine Woche später war das alles längst Vergangenheit. In den vorangegangenen Jahren war ich – als Vorsitzender der Internationalen Helsinki-Föderation für Menschenrechte – in sehr vielen Staaten Mitteleuropas unterwegs gewesen und man sah, dass sich etwas entwickelt; aber wie schnell das ging, habe ich selbst nicht geahnt.“

Diese rasanten Entwicklungen katapultierten den Fürsten bereits zu Beginn des Jahres 1990 in den Beraterstab Václav Havels. Nach dessen Wahl zum tschechoslowakischen Staatspräsidenten leitete er bis 1992 die Prager Präsidentschaftskanzlei. 1997 wirkte er an der Entstehung der Deutsch-Tschechischen Erklärung mit. Die Versöhnung zwischen Deutschen (bzw. Österreichern) und Tschechen – sowie die Verständigung zwischen Ostmitteleuropa und den Staaten Westeuropas – waren nicht nur ein zentrales Anliegen seiner Politik. Vielmehr war kaum jemand anders wie er dazu befähigt, der er aufgrund seines Lebensweges und der daraus resultierenden Beziehungen mit östlichen wie westlichen Perspektiven und Paradigmen vertraut war. So entschieden, wie er selbst für Rechtsstaat, Demokratie und gegen Nationalismus und Populismus eintrat, war es ihm doch zugleich möglich, eine vermittelnde Position zwischen den Visegrád-Staaten und den westlichen EU-Mitgliedsstaaten einzunehmen. Als wir vor fünf Jahren auf die Lage in der Republik Polen zu sprechen kamen, setzte er seiner Kritik an der damals regierenden PiS hinzu:

„Aber, bitte: Gibt es einen politischen Gefangenen in ganz Polen? Ein politischer Bekannter aus Deutschland hat im Gespräch mit mir furchtbar auf die Polen geschimpft. Da habe ich ihn angesehen und gesagt: Ich bin ein sehr alter Mann. Ich erinnere mich an die Politik der 1950er Jahre. […] Zu dieser Zeit waren in einem Teil der Führungskreise der Bundesrepublik durchaus ähnliche Vorstellungen vertreten wie heute in der PiS. Nur hat sich Deutschland bis heute weiterentwickelt. Polen aber ist erst vor 30 Jahren frei geworden und befindet sich in einem Nachholprozess – auch Polen muss sich weiterentwickeln.“

Dem tschechischen Parlament gehörte von Schwarzenberg ab 2004 als Senator und seit 2010 als Mitglied des Abgeordnetenhauses an. Nach Gründung der Mitterechtspartei „Top 9“ im Jahre 2009 war er für sechs Jahre ihr Vorsitzender. Bereits 2007 bis 2009 und dann nochmal von 2010 bis 2013 war von Schwarzenberg zudem Außenminister der Tschechischen Republik. In diese Zeit fiel die erste EU-Ratspräsidentschaft seines Heimatlandes. Europapolitisch trat er dafür ein, dass der Staatenbund „wesentlich“ werde, wie er in unserem Gespräch erläuterte: „Heute noch sind die Außenpolitik, Verteidigungspolitik, Sicherheitspolitik und Energiepolitik national. Und was bestimmt man in Brüssel? – Was ein Naturschutzgebiet werden soll; ob ich einen Brotaufstrich ‚Marmelade‘ nennen darf oder nicht; oder ob ein köstlicher Käse aus der Tatra, Ostipok, unter dem slowakischen oder polnischen Namen auf dem Markt geführt wird. Wir sollten radikal, aber wirklich radikal Veränderungen vornehmen: Alle diese Dinge, die nicht unbedingt notwendig gemeinsam gelöst werden müssen, sollten wir zurückgeben an die Staaten, manchmal sogar Regionen. Demgegenüber müssen Außen-, Verteidigungs-, Sicherheits- und Energiepolitik vergemeinschaftet werden, damit die EU wesentlich wird.“

Diese Politik auch als Staatspräsident vorantreiben zu können, war von Schwarzenberg nicht vergönnt: Bei der Präsidentschaftswahl           2013 unterlag er dem Populisten Miloš Zeman. Davon ließ sich der Fürst jedoch nicht entmutigen und setzte sein politisches Wirken fort – bis 2021 im Parlament und darüber hinaus als Ratgeber und öffentlicher Denker. Dass er dabei oft auch deutliche Worte finden konnte, durfte auch der Autor dieser Zeilen erfahren, als er ihn auf das oft bemühte Plädoyer ansprach, ein verstärktes Bewusstsein für die kulturellen und geistigen Wurzeln Europas zu entwickeln: „Ich hasse diese Phrasen. Wichtig wäre, dass wir nüchtern überlegen: Was bringen wir durch? Wie können wir Europa vereinigen? Wo sind die wirklichen Schwierigkeiten? Einfach Tacheles reden, statt große Reden zu halten. Die Lage ist viel zu ernst, als dass wir noch Zeit verlieren könnten.“ So ist die Lage weiterhin und im Todesjahr des Fürsten vielleicht noch mehr als im Jahr 2018. Nun erst recht keine Zeit zu verlieren und Tacheles zu reden – das dürfte es sein, was dem Vermächtnis Karls von Schwarzenberg angemessen ist. 

Tilman Asmus Fischer

Erschienen in: Der Westpreuße – Begegnungen mit einer europäischen Kulturregion 4/2023.

Preisverleihung des Podcast-Wettbewerbs „Heimat. Über. Brücken. – Wir Brückenbauer in Deutschland, Europa und weltweit“

Preisverleihung des Podcast-Wettbewerbs „Heimat. Über. Brücken. – Wir Brückenbauer in Deutschland, Europa und weltweit“ der Deutschen Gesellschaft e.V. – in Kooperation mit der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen sowie der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland – für junge Spätaussiedler, Nachfahren von Heimatvertriebenen und Angehörige der deutschen Minderheiten. In der Veranstaltung werden die Beiträge der Preisträgerinnen und Preisträger vorgestellt und gewürdigt. Durch den Abend führt Tilman A. Fischer.

Buchvorstellung „Die zwei Gesichter der Zerstörung. Raphael Lemkins UN-Genozidkonvention und die Vertreibung der Deutschen“ (von Prof. Dr. Manfred Kittel)

Programm:

Grußworte: Thomas Konhäuser, Geschäftsführer der Kulturstiftung Dr. Florian R. Simon, Verleger (Duncker & Humblot)

Einführung: Tilman A. Fischer, Theologe und Journalist, Berlin

Buchvorstellung: Manfred Kittel, Professor für Neuere und Neueste Geschichte und ehem. Gründungsdirektor der Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, Berlin/Regensburg

Kommentar: Dr. Christean Wagner, Hessischer Kultus- und Justizminister a. D. und Vorsitzender der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen, Wiesbaden

Diskussion: „Ethnische Vertreibungen zwischen Erinnerungskultur und Völkerrecht“

Moderation: Tilman A. Fischer

Schlussworte: Thomas Konhäuser

Zur Definition des Völkermords

Der Historiker Manfred Kittel analysiert den Genozid-Begriff des polnisch-jüdischen Juristen Raphael Lemkin

Von Tilman Asmus Fischer

Der Begriff des Völkermords kann im politischen Diskurs der Bundesrepublik auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Wurde er in den frühen Jahren der Bonner Republik breiter verwendet, geschah dies späterhin – im Bewusstsein für das nicht relativierbare Menschheitsverbrechen der Shoa – zunehmend restriktiv. Unter dem Vorzeichen identitätspolitischer Bewegungen erfolgte dann jedoch in den vergangenen Jahren eine neue Öffnung – und erhielt der Begriff mithin seit dem Angriffskrieg der Russischen Föderation auf die Ukraine eine neue Brisanz.

Die dabei identifizierbaren „Unschärfen des Völkermordbegriffs in der deutschen Erinnerungskultur“ nimmt der Regensburger Historiker Manfred Kittel zum Ausgangspunkt seines neuen Buches. „Die zwei Gesichter der Zerstörung“ stellt den polnisch-jüdischen Juristen Raphael Lemkin mit dem von ihm entwickelten Genozid-Begriff ins Zentrum und zeichnet dessen Rezeption seit Konventionsbeitritt der Bundesrepublik 1954 nach. Den roten Faden stellt dabei die Frage nach der Vertreibung der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkriegs dar, die von Lemkin selbst noch als Völkermord eingestuft worden war.

Entscheidend hierfür war sein Verständnis des Völkermords als der „Zerstörung einer ‚Gruppe als solcher‘“, die nicht erst mit der physischen „Ausrottung“ ihrer Mitglieder begann – es umfasste also, in Kittels Diktion, „Ausrottungsgenozide“ und „Zerstörungsgenozide“. Ganz in diesem Sinne definiert dann auch die UN-Genozidkonvention von 1948 Völkermorde als „eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören: Tötung von Mitgliedern der Gruppe; Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe; vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen“ sowie Maßnahmen der Geburtenverhinderung und die „gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe“.

Auf dem Weg zu dieser Definition hatte Lemkin sich bereits, wie Kittel nachzeichnet, mit Bedenken der Vertragspartner des Potsdamer Abkommens auseinanderzusetzen, die mit Blick auf die innereuropäischen – aber auch außereuropäischen – Bevölkerungstransfers dieser Jahre Komplikationen befürchteten. Und so mussten Lemkin und seine Mitstreiter dann auch in Fragen eines „kulturellen Völkermordes“ sowie der Verfolgung politischer Gruppen Abstriche in ihrer – ursprünglich noch umfassenderen – Genozid-Defintion hinnehmen. Der von Kittel gebotene Einblick in die Lemkinsche Position gewinnt besondere Tiefe durch ihre biographische Herleitung. Dabei macht der Verfasser deutlich, dass für Lemkin nicht nur die Shoa, sondern ebenso die älteren Erfahrungen des „defizitären Minderheitenschutz der Völkerbundszeit“ in Mitteleuropa prägend waren. In Reaktion hierauf glaubte Lemkin „an die Einzigartigkeit menschlicher Kulturen und die Notwendigkeit ihres Schutzes, ob es sich dabei um jiddische Schtetl oder die Ureinwohner beider Amerikas handelte“.

Daher konnte er, wie Kittel anhand von detaillierter Quellenarbeit zeigt, in der Diskussion um den Beitritt der Bundesrepublik zur Genozidkonvention dezidiert damit argumentieren, dass diese sich nicht zuletzt auch auf die Vertreibung der Deutschen anwenden ließe – was seinerzeit den Bundestag von SPD bis CDU/CSU überzeugte. Zur Gesamtheit des von Kittel rekonstruierten Bildes gehört dann freilich auch, dass – nicht zuletzt unter dem Vorzeichen der neuen Ostpolitik – die Bundesrepublik von einer „systematische Ermittlung“ der im Zusammenhang mit der Vertreibung begangenen Verbrechen absah.

Vor dem Hintergrund dieser Ausgangslage vollzieht Kittels Studie die zunehmende diskursive „Gleichsetzung von Völkermord und Holocaust“ und die dazu komplementäre „Randposition der Vertreibung in der neuen Genozidforschung seit den 1980er Jahren“ nach. Dabei geht er hinsichtlich der Debatte im deutschsprachigen Raum sowohl auf rechtsradikale Versuche einer Instrumentalisierung des Völkermord-Begriffs als auch auf Diskursverengungen durch politisch linksstehende Akteure ein und weitet sodann den Blick auf die Lemkin-Rezeption in der globale Genozidforschung, die sich zwischen „sachlicher Kritik und moralpolitischer Zensur“ bewege.

Anhand der – freilich nicht einheitlichen – juristischen Bewertung der „ethnischen Säuberungen“ auf dem Balkan in den 1990er Jahren veranschaulicht Kittel das Fortbestehe eines „breite[n] Begriff des Völkermords in der deutschen und internationalen Rechtsprechung“. Erst durch den „Wandel des Genozidbegriffs“ im Kontext der Kolonialgeschichtsforschung und der hieraus resultierenden „Anerkennung des Völkermordes an den Herero 2021“ – bzw. zuvor bereits durch diejenige des Völkermordes an den Armeniern – sieht Kittel Bewegung in die erinnerungskulturelle Debatte kommen. Dass diese weiterhin nicht frei von Ambivalenzen ist, zeigt die Anerkennung des Holodomor als Völkermord bei gleichzeitiger Zurückhaltung, diesen Begriff auf das gegenwärtige Vorgehen Putins anzuwenden.

Wenn Kittel dezidiert für die Einstufung ethnischer Vertreibungen als Zerstörungsgenozide plädiert, eröffnet dies den Weg, unter diesen Begriff sowohl die historischen Verbrechen an den Herero als auch folgerichtigerweise die Vertreibung der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkriegs zu fassen, ohne den Ausrottungsgenozid der Shoa hierdurch zu relativieren. Letztlich verfolgt Kittels Buch jedoch nicht nur ein erinnerungs-, sondern mithin auch ein menschenrechtspolitisches Anliegen – nicht zuletzt mit Blick auf die Ukraine und eingedenk der IS-Gräueltaten an den Jesiden. So betont er bereits einleitend:  Der „originäre Genozidbegriff Lemkins [besitzt] nicht zuletzt den Vorteil, eher bereits präventiv zum Schutz ethnischer oder religiöser Gruppen ‚als solcher‘ gegen drohende oder laufende Angriffe eingesetzt werden zu können, selbst wenn diese nicht auf eine vollständige körperliche Ausrottung abzielen.“

Manfred Kittel: Die zwei Gesichter der Zerstörung. Raphael Lemkins UN-Genozidkonvention und die Vertreibung der Deutschen (Forschungen zur Geschichte ethnischer Vertreibung, Band 1). Dunker & Humblot, Berlin 2023, 181 Seiten, EUR 19,90.

Erschienen am 19. Oktober 2023 in der Zeitung „Die Tagespost“ (www.die-tagespost.de).

Verstehen und Verständigung

Bundestagspräsidentin a. D. Rita Süssmuth – Zeitzeugin im Gespräch

Rita Süssmuth war eine der prägenden Gestalten der späten Bonner und frühen Berliner Republik, zumal als Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit von 1985 bis 1988 sowie insbesondere als Präsidentin des Deutschen Bundestages von 1988 bis 1998. Zudem ist die 1937 in Wuppertal geborene CDU-Politikerin bis heute – neben anderen Themenfeldern – intensiv mit Fragen der deutsch-polnischen Beziehungen befasst: nicht nur als Präsidentin des Deutschen-Polen-Instituts, sondern ebenso als Kuratoriumsvorsitzende der Deutsch-Polnische Gesellschaft und Vorstandsmitglied der im Geiste des Weimarer Dreiecks arbeitenden Stiftung Genshagen. Dies macht sie zum einen zu einer Zeitzeugin der Deutschland- und Ostpolitik der Jahre ihrer Verantwortung in Regierung und Parlament und zum anderen zu einer erfahrenen Beobachterin der gegenwärtigen Phase intensiver Herausforderungen für den Zusammenhalt Europas. In einem Gespräch mit Tilman A. Fischer gab sie Einblick in ihre historischen Erfahrungen wie in ihre Gegenwartsanalysen. Entstanden ist so das intellektuelle Porträt einer zentralen Persönlichkeit im deutsch-polnischen Dialog.

Frau Professor Süssmuth, Sie sind in Westdeutschland geboren und aufgewachsen. In welchem Zusammenhang wurde hier ‚der Osten‘ für Sie erstmals thematisch?

Das war in der Nachkriegszeit. Wir waren evakuiert in einem Dorf auf dem Lande und da wurden samstagsmorgens immer die Backplatten – die einen mit Brot, die anderen mit Kuchen – zum Bäcker gebracht, um da abgebacken zu werden. Da habe ich erlebt, dass die Platten der Flüchtlinge immer als letzte drankamen. Da habe ich zuhause gefragt: „Was machen die da eigentlich? Warum heißt es, ‚der Ofen ist voll‘? Da flackerte in mir etwas auf. Das hat zwar nicht zum Polen-Interesse geführt, hat mich aber sensibilisiert: Warum werden die Flüchtlinge – und das waren Deutsche aus dem Osten – anders behandelt als Einheimische. Es gibt Zugehörige und solche, die an den Rand gedrängt werden. Das Flüchtlingsproblem habe ich erst viel später tiefer verstanden; denn meine Kindheit dominierte die Frage nach dem eigenen Überleben: Man sorgte für sein Überleben, ging hamstern, alles Mögliche sammeln, Eier zu bekommen und so weiter.

Dennoch gewann der Themenkreis Deutschland und Ostmitteleuropa für Sie an Bedeutung. Wie kam es dazu?

Als ich zur höheren Schule kam zu den „Schwestern der Christlichen Liebe“ – oder auch der Strenge – in Lippstadt, habe ich mich sehr für Geschichte interessiert und war da auch entsprechend begabt. In dieser Zeit war mein Vater – ein Pädagoge – am Wiederaufbau der Lehrerbildung beteiligt. Und auf seinem Schreibtisch sah ich immer die „Frankfurter Hefte“ – rote Hefte mit bestimmten Themen. Das hat mich interessiert: Was macht Dein Vater da? Das war eine Mischung aus politisch-kritischen, sozialen und Bildungsfragen – und so weiter. Das hat mich wach gemacht. Dann kam die Mittlere Reife und ich wollte von der Schule abgehen, um Krankenschwester zu werden. Da sagte mein Vater: „Rita, mach doch wenigstens Abitur!“ Als ich dann das Abitur in Rheine gemacht hatte, sagte er: „Und jetzt studier‘ bitte Jura!“ – „Oh Schand‘!“, dachte ich da und ich sagte ihm: „Nein, das kann ich nicht – ich habe keine Beziehung dazu. Ich muss etwas machen, wovon ich schon jetzt was erlebt und Ahnung haben. Ich werde Romanistik und Geschichte studieren.“ Ich war entschlossen, als Lehrerin in die Schule zu gehen. Diese Fächer habe ich zunächst in Münster, dann in Tübingen, dann in Paris an der Sorbonne studiert.

Dies freilich klingt eher nach einer Westorientierung.

In dem Studium stieß ich dann aber nicht nur auf den Westen, sondern entdeckte plötzlich auch die reiche Geschichte Ostmitteleuropas: Da war ein Mediävistik-Professor, und der beschäftigte sich eben gerade mit Mittel- und Osteuropa. Ich besuchte seine Seminare und er lud mich dann ein, als ich 1961 das Examen gemacht hatte, mit auf eine Studienfahrt zu kommen.. Zunächst habe ich sein Oberseminar auch noch mitgemacht, aber ich hatte dann das Angebot für einer Dissertation und promovierte über die „Anthropologie des Kindes“. Mit der Anstellung als Assistentin von Robert Spaemann an der Universität in Osnabrück folgte dann auch der berufliche Durchbruch an die Universität. Jedoch habe ich parallel zur Universität immer auch andere Themen verfolgt: Ich betrieb weiter Geschichtsstudien, obwohl ich ja das Examen in Alter und mittelalterlicher Geschichte bereits hatte – aber ich muss sagen: Das war mehr ein Auswendiglernen gewesen. Verstehen der Geschichte habe ich erst durch die Franzosen gelernt – abstrakt gesprochen durch die Strukturalisten, denen es darum ging, nicht nur politische, sondern auch Sozial- und Kulturgeschichte zu betreiben. Das eröffnete auch einen neuen Blick auf unsere östlichen Nachbarn.

In welcher Beziehung steht Ihr persönlicher Perspektivwechsel zu den Umbrüchen in der deutschen Politik – mithin der politischen Kultur – in den 1960er und 1970er Jahren?

Dies waren für mich die entscheidenden Entwicklungsjahre. Ich war damals zwar durch meinen Berufseinstieg zur Kämpferin für Frauen geworden, aber noch nicht zu einer richtigen Kritikerin. Dies geworden zu sein, verdanke ich den 68ern. Meine Partei freut sich nicht, wenn ich sowas sage. Was kann denn an den 68ern gut gewesen sein? Ja, die haben die Fragen gestellt – auch im Parlament. Die 68er-Bewegung klärte die Menschen auf – im Sinne Kants: ihren eigenen Verstand zu gebrauchen. Und das ist ja das Entscheidende, so entsteht Verstehen und erst durch Verstehen kommt dann die Verständigung zustande – eben auch mit Völkern, zu denen eine historisch belastete Beziehung besteht.

Welche Bedeutung kam dieser Verknüpfung zwischen Verstehen und Verständigung gerade mit Blick auf den damaligen Ostblock zu?

Die Spaltung Europas hat nicht nur in Form von physischen Grenzen existiert, sondern auch in den Köpfen. Das waren immer „die Anderen“. Wir haben jahrelang den Westen positiv gesehen und den Osten als die zu Befreienden. Polen, die Tschechoslowakei – in all diesen Ländern gab es auch eigene Bewegungen, deren Denken wir eigentlich viel zu wenig zur Kenntnis genommen habe.

In Ihrer Partei sind sie auch als eine Unterstützerin der „Neuen Ostpolitik“ – und in diesem Kontext durchaus auch als eine Kritikerin der Vertriebenenverbände – in Erscheinung getreten. Wie haben Sie diese Konstellation wahrgenommen?

Für manche in der Union war ich nie eine richtige Parteizugehörige – wahrscheinlich auch nicht genug Parteisoldat. Ich habe Schwierigkeiten, das gebe ich zu, mit so einem unmittelbaren Gehorsam. Da hatten meine Eltern schon Schwierigkeiten. Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt hatte – das kriegte man nicht so schnell da wieder raus. Es gab damals eine Hauptunterstützung von den reformerischen Kräften. An der Spitze Heiner Geißler. Heiner Geißler war ein Kämpfer, der auch manchmal über seine Grenzen ging, auch in der Verletzung anderer Menschen. Später hat er sich dann immer wieder entschuldigt.

Aber es gab in der Union doch auch genug meinungsstarke Kritiker Ihrer Position.

Ja, aber Herbert Czaja und einige der Hauptmatadore der Vertriebenenverbände haben im Laufe der Zeit auch gelernt. Wir haben einerseits die „große Zeit“ der Vertriebenenverbände vor Augen, die die deutsche Politik sehr beeinflusst haben, auch wegen ihrer Wählerstimmen – mit denen man sich gutstellen musste. Wir haben aber auch die heutige Zeit vor Augen, in denen viele Akteure aus den Vertriebenenverbänden ganz wesentlich zur Verständigung in Europa beitragen. Dort, wo heute die Vertriebenen wieder in ihr altes Heimatland kommen und die heute dort Lebenden sie bitten: „Kommt doch mal rauf und wir trinken eine Tasse Kaffee zusammen!“, da erleben wir heute, dass gerade eine Region wie Oberschlesien die Region der Verständigung ist – inmitten des von der PiS dominierten Polen. Ähnliches gilt für Danzig. Umso schlimmer sind die Reparationsforderungen aus Warschau, die keiner mehr bezahlen kann..

Lassen Sie uns gerne später auf diesen Punkt zurückkommen – hier aber noch kurz in der Retrospektive verweilen! Wie entwickelten sich in den sogenannten Wendejahren Ihre persönlichen Beziehungen nach Polen?

Ich habe in der Geschichte ja viel erfahren, von den furchtbaren Dingen, die im Zweiten Weltkrieg und danach auch passiert sind. Nach Polen war ich noch nicht gekommen, aber wir hatten wenigstens Informationen aus zweiter Hand. Polen hat sich für mich eigentlich erst ab den frühen 1980er Jahren eröffnet und eine führende Persönlichkeit war Władysław Bartoszewski, ein Widerständler und ein wunderbarer Mensch. Auch wenn er, wie ich jetzt im Augenblick, nicht aufhören konnte zu reden. Aber durch ihn habe ich viel über Polen verstanden. Vorher habe ich studiert, dies sicherlich auch engagiert – aber ich habe noch nicht viel verstanden. Gewusst habe ich eine Menge, aber das ist weniger als Verstehen.

Wann sind sie ihm, Bartoszewski, das erste Mal begegnet?

Ich bin ihm das erste Mal 1985 begegnet. Aber da war er mir natürlich bereits bekannt: Er gehört zu den Personen, die schon vorher die Kontakte hergestellt haben, gerade über den religiösen Austausch; denn natürlich hatte ich die Diskussion um die neue Ostpolitik, in welcher der „Botschaft der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder zur Versöhnung“ von 1965 eine große Bedeutung zukam, intensiv verfolgt – und in dieser Zeit war Bartoszewski bereits im von den Kirchen betriebenen Dialog engagiert. Eine zentrale Rolle kam damals den jungen Menschen von Aktion Sühnezeihen zu, die jüdische Opfer pflegten (es gab ja noch keinen Ausgleich und keine Versorgung für sie). Über diese kirchlichen Kontakte bekam er Reiserecht nach Deutschland und hat seitdem die Verständigung wirklich auch in unserem Land betrieben.

Dies taten Sie selbst dann auch vor Ort in Polen. Wie waren Ihre ersten Eindrücke von unserem östlichen Nachbarland?

Als die Solidarność stärker wurde, und als sich dann 1989 die Grenzen öffneten, war meine erste Wahrnehmung: In der DDR hatte man Angst gehabt, überhaupt hineinzufahren – wahnsinnige Kontrollen; und wenn man nach Polen fuhr, brauchte man kaum den Kofferraum aufzumachen. Auch in der Akademie der Wissenschaften ein völlig anderer Ton als bei den Kollegen in der DDR. Und bei den Reisen in diesen Jahren habe ich die ersten Solidarność-Leute in Warschau kennengelernt. Das geschah abends in der Botschaft ohne großes Aufsehen – einfach zum vertraulichen Gespräch. Da war Adam Michnik, heute Chefredakteur der Gazeta Wyborcza – ein etwas schwieriger Typ, aber ich habe ihn sehr geschätzt wegen seiner Einstellung, aber auch wegen seines Wissens. Ich habe heute noch Kontakt mit Lech Wałęsa in Danzig. Er ist jetzt älter geworden und etwas gebrechlich, nimmt aber weiterhin an den Demonstrationen der heutigen polnischen Opposition teil. Sie sehen, da ist was geblieben.

Welche Fragen und Themen sind Ihnen heute in den Beziehungen Deutschlands zu den Nachbarn in Ostmitteleuropa bedeutsam?

Im Augenblick kämpfe ich zum einen für Ungarn – ziemlich auf einsamem Posten. Wir Deutschen sind manchmal sehr lehrmeisterhaft und restriktiv: Ihr seid nicht gehorsam und haltet die Rechtsordnung nicht ein, die Gewaltenteilung – und jetzt fordern wir Sanktionen. Die Analyse ist zutreffend, ja aber statt zu sanktionieren müssen wir besonders viel mit den Andersdenkenden sprechen. Wichtig ist mir heute zum anderen und insbesondere seit dem totalen Bruch in der West-Ost-Beziehungen: Ich höre nur von morgens bis abends: „Die Ukrainer müssen den Krieg gewinnen.“ Es kommt nie die Frage auf: Was machen wir eigentlich, wenn sie ihn nicht gewinnen? Wir werden gleichsam alle plötzlich zu Konformisten. Die andere Seite – was machen wir, wenn nicht – muss doch auch bedacht werden und die fehlt mir heute, auch in meiner eigenen Partei. Ja, Engagement für die Ukraine – aber wir müssen immer auch bedenken: Es könnte anders kommen, als wir es erhoffen. Wir können ja nicht sagen: keinerlei Kontakt mehr – weder wissenschaftlich noch ökonomisch. Das kann ich mir nicht vorstellen. Da muss wieder Neues entstehen, wie es entstanden ist nach dem Zweiten Weltkrieg.

Schwingen in der Hoffnung auf die Möglichkeit von Verständigung noch Erfahrungen aus der Ära Gorbatschow mit?

Damals gab es einen anderen Geist. Ich habe die Suche nach Gesprächen mit Gorbatschow unterstützt und unsere Regierung hat sie gefunden. Ohne Gorbatschow hätten wir keine deutsche Einheit. Das ist meine Position. Es gab damals eine Zeit, in der Gorbatschow auch die Armut in Russland sah, die Unfreiheit der Russen, und ihnen mehr Freiheit gegeben hat. Putin hat nur dasEine gesehen: Er hat unser Land verkleinert. Anders als Gorbatschow ist Putin nicht zu einer größeren europäischen Perspektive in der Lage. Fehler sind aber natürlich auf allen Seiten gemacht worden. So stand das Baltikum in der Phase seines Freiheitskampfes für den Wunsch nach einer Verständigung zwischen Ost und West! Später sind dann die russischsprachigen Minderheiten ausgegrenzt worden, was zur Verschlechterung der Beziehungen beitrug.

Verständigung mit Russland, Fehler auf Seiten der westlichen Staatenwelt – sind das Fragen, die heute im Austausch mit Partnern in Polen, wo man zu Recht mit Sorge auf Russland blickt, angesprochen werden können?

Ja, sicher. Aber nicht mit der PiS-Regierung. Gewiss lässt sich die Haltung Jarosław Kaczyńskis gegenüber Russland auch aus dem dramatischen Schicksal des Verlusts seines Bruders erklären, aber im Sinne Bartoszewski gesprochen: Es muss jederzeit nach christlichem Verständnis möglich sein, wieder aufeinander zuzugehen. Aber für Kaczyński ist der Bruder von Russen ermordet worden. Und das treibt ihn bis heute um und er will es rächen.

Sie hatten die PiS – und auch die polnischen Reparationsforderungen – bereits angesprochen. Was für eine Entwicklung des politischen Diskurses erleben wir da gerade in unserem Nachbarland?

Dass solche Reparationsforderungen artikulierbar sind, hat die PiS erreicht, indem sie eine absolut polarisierte Atmosphäre geschaffen hat. Deshalb bin ich über all die deutlichen Manifestationen der politischen Opposition glücklich, denn da geht nicht einfach ein kleines Grüppchen auf die Straße, sondern Tausende von Menschen, die sich etwa gegen die Gesetzesinitiative gegen Tusk richten, die ihm das Wahlrecht nehmen und alle Schuld auf seinem Haupt versammeln soll. Dabei wird ihm von der PiS insbesondere seine Haltung gegenüber Russland vorgeworfen. Hierzulande wird die Zivilcourage der polnischen Opposition ja teilweise relativiert. Dann heißt es mit Blick auf Demonstrationen: Es war die Stadt und nicht das Land. Ist alles wahr, aber die Demonstrationen zeigen: Da ist ein Volk, das denkt: Was müssen wir an demokratischen Errungenschaften erhalten? Was sind die Grundlagen unserer Freiheit?

Sehen Sie die Perspektive, dass durch die gemeinsame Bewältigung der Krise des russischen Angriffskriegs mit all ihren humanitären Folgen auch die Ost-West-Spannungen in der EU abgebaut werden können – oder ist der Konfliktaustrag nur in einem momentanen Burgfrieden ausgesetzt?

Angesichts des Krieges in der Ukraine versuchen wir heute, gute, oder zumindest normale Beziehungen zwischen Deutschland und Polen zu pflegen. Polen engagiert sich ungeheuer. Sie haben – das kommt noch hinzu – immer eine enge Beziehung zur Ukraine gehabt. Auf der einen Seite ist Europa zusammengewachsen: Die Staaten merken, wir müssen zusammenstehen, nur gemeinsam können wir der Ukraine helfen. Auf der anderen Seite haben wir ständig Entwicklungen, bei denen der eine oder der andere sagt: Wir sind anders. Das betrifft etwa die Gewaltenteilung – in Polen, in Ungarn. Das heißt: auf der einen Seite Annäherung und Zusammenschluss, um ein stärkeres Europa zu schaffen – auf der anderen Seite bleibende Abgrenzungen. Diese Spannungen gilt es klug auszubalancieren.

Welche Streitfragen stehen dabei im Fokus?

Polen vertritt klare politische Standpunkte, was die militärische Aufrüstung betrifft. Manchmal habe ich dabei das Gefühl: Wenn Ihr uns Deutschen jeden Tag neue Dinge abverlangt, denkt Ihr auch daran, welche Risiken das für uns mit sich bringt? Und nicht nur für uns Deutsche – für ganz Europa? Wir müssen doch vielmehr gemeinsam eine Kriegsbeseitigung, einen Stopp der Waffen herbeiführen – und nicht nur für uns, sondern für Europa, wenn diese Idee des Staatenbundes noch eine Chance haben soll.Im Kalten Krieg ging es immer darum: Welche Waffen schützen uns? Welche Abwehrkräfte schützen uns? Und jetzt sind wir wieder in einer solchen Situation: Haben wir überhaupt noch Schutz? Und wir sagen, dieses Europa muss sich retten. – Wir sind aber im hohen Maße abhängig von Amerika. Amerika hat uns geholfen, ganz entscheidend geholfen bei der Wiedervereinigung. Das waren ja Hoffnungsjahre. Im Augenblick aber leben wir in einer Zeit der Unfälle und Enttäuschungen…

Erschienen in: Der Westpreuße – Begegnungen mit einer europäischen Kulturregion 3/2023.

Versöhnung durch Wahrheit

Andreas Kalckhoff zeigt anhand des Postelberg-Massakers, wie Aufarbeitung von Vertreibungsverbrechen und ein gemeinsames „Entlügen“ der Geschichte gelingen können.

Die Forderung, gemeinsam die Geschichte zu „entlügen“, ist seit Jahrzehnten prägend für zivilgesellschaftliche Dialoge zwischen Deutschland und seinen ostmitteleuropäischen Nachbarn. Dies gilt, seitdem das bedeutungsgleiche Schlagwort „odkłamanie“ in der Oppositionsbewegung während der Zeiten der Volksrepublik aufkam, insbesondere für Polen. Aufgrund der (geschichts)politischen Rahmenbedingungen östlich der Oder gelingt dort das „Entlügen“ der eigenen Geschichte mit Blick auf die Ereignisse im Zusammenhang mit Flucht und Vertreibung der Deutschen am und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in den vergangenen Jahren jedoch nicht in gleicher Weise, wie dies in Tschechien zu beobachten ist. Prominentestes Beispiel hierfür ist der – auch über einschlägig interessierte Kreise hinaus bekannte – Gedenkmarsch, mit dem die Stadt Brünn seit 2015 jährlich des Brünner Todesmarsches gedenkt. Ein weiteres Zeugnis dieser Entwicklungen ist das im vergangenen Jahr erschienene Buch „Was geschah in Saaz und Postelberg im Juni 1945? Geheime Dokumente und Zeitzeugenberichte enthüllen das Unfassbare“ von Andreas Kalckhoff.

Es befasst sich mit dem Massaker, das in den ersten Juni-Tagen des Jahres 1945 im nordböhmischen Postelberg an 763 deutschen Zivilisten – Männern, Frauen und Kindern – verübt wurde. Die Opfer stammten hauptsächlich aus Saaz und waren im Rahmen der Vertreibungsmaßnahmen nach Postelberg verschleppt worden. Zunächst zwei Jahre später von einer tschechischem Parlamentskommission untersucht, wurde das Massaker in den Jahren der kommunistischen Gewaltherrschaft tabuisiert. Erst mehrere Jahre nach der Demokratisierung Tschechiens wurden die – inzwischen verstorbenen und juristisch nicht zur Rechenschaft gezogenen – Verantwortlichen ermittelt. Sowohl in der deutschen als auch in der tschechischen Medienöffentlichkeit fand das historische Verbrechen gleichwohl große Aufmerksamkeit. Dies dokumentiert das Buch ebenso wie Quelletexte, Berichte von Zeitzeugen und umfangreiches Bildmaterial.

Mit dem nun erschienenen Band werden einer breiten Öffentlichkeit die Forschungsergebnisse des Autors Andreas Kalckhoff zugänglich gemacht, die 2013 unter dem Titel „Versöhnung und Wahrheit. Der ‚Fall Postelberg‘ und seine Bewältigung 1945-2010“ durch den Heimatkreis Saaz herausgegeben worden waren. Die nun erschienene neubearbeitete Dokumentation bietet die Texte sowohl deutschsprachig als auch in einem von Otokar Löbl und Petr Šimáček übersetzten und redigierten tschechischen Teil (bzw. im tschechischen Original). Durch diese strikte Zweisprachigkeit erhält das Anliegen der historischen Wahrhaftigkeit eine besondere Überzeugungskraft, da das Buch so in die erinnerungskulturellen Diskurse sowohl des deutschen als auch des tschechichen Sprachraums hineinzuwirken und dort Diskussionen anzuregen vermag. Faszinierend an dem Buch ist das von ihm eröffnete und fruchtbar gemachte Spannungsfeld, das dadurch entsteht, dass dreierlei miteinander ins Gespräch gebracht wird: staatliche tschechische Quellen, Berichte Überlebender sowie Dokumente der Aufarbeitung und Verständigung in den vergangenen Jahrzehnten.

In seinem Vorwort arbeitet der tschechische Publizist Jiří Padevět die Tragweite der historischen Ereignisse sowie die inneren Wiedersprüche heraus, die beim Umgangs mit ihnen in den folgenden Jahren deutlich geworden sind:

„In Postelberg ging es weder um den Ausbruch des Volkszorns noch um Hinrichtungen, die ein Gericht angeordnet hatte, sondern um Morde, ausgeführt durch Armeeangehörige. Um Morde, zu denen Offiziere Befehle erteilen mussten. Es ist paradox, dass derselbe Staat, dem diese Offiziere unterstanden, die Umstände des Massakers zwei Jahre später zu untersuchen begann und die sterblichen Überreste der Opfer exhumieren ließ. Bemühungen um [eine] Erklärung für das Geschehene, das wir in der heutigen Terminologie unzweifelhaft als ethnische Säuberung bezeichnen würden, wurden im Februar 1948 mit der Machtübernahme durch die Kommunisten beendet. Über den Toten und den Mördern aus Postelberg schlossen sich die Wasser des Vergessens und wurden vom allumfassenden kommunistischen Schlamm des Schweigens aufgesaugt.“

Der erste und umfangreichste Teil – „‚Tatsächliche Gräueltaten‘: Die Massenexekutionen nach Kriegsende im Mai / Juni 1945“ – stellt sechs Quellentexte aus dem Kontext der innertschechisches Ermittlungen zu den Vorkommnissen in Saaz und Postelberg ins Zentrum. Deren Mehrheit steht im Zusammenhang mit der parlamentarischen Untersuchung im Juli des Jahres 1947. Das früheste dieser Dokumente ist ein Bericht zum polizeilichen wie nachrichtendienstlichen Kenntnisstand über die Ereignisse für Innenminister Václav Nosek vom 2. Juli 1947. Auf den 28. Juli datiert ist wiederum ein „Vorbericht zum Fall Postelberg und Saaz“, welcher der parlamentarischen Untersuchungskommission bei ihren am 30. und 31. des Monats durchgeführten Verhören vorlag. Dabei ist der Begriff „parlamentarisch“ irreführend, insofern sich die Kommission „aus fünf Abgeordneten aus den Fraktionen der Volksfrontregierung, sechs Beratern aus den Ministerien und von der Volkspolizei sowie drei Geheimdienstleuten zusammensetzte“. Die unter Vorsitz von Dr. Bohuslav Bunža durchgeführten Verhöre sind in der Langfassung des stenographischen Protokolls dokumentiert. In Auszügen eröffnet das Buch – als viertes Dokument – Einblicke in das auf dessen Grundlage erstellte „Aussageprotokoll der Parlamentskommission“, das die einzelnen Aussagen zusammenfasst.

Neben den die parlamentarische Untersuchung dokumentierenden Texten steht zum einen ein am 13. August desselben Jahres an das Innenministerium ergangener Untersuchungsbericht zu den „Nachrevolutionsereignissen in Postelberg“. Zum anderen bietet die Dokumentation das Protokoll eines vier Jahre später – am 2. Mai 1951 – geführten Verhörs mit Vasil Kiš, das die Rolle von General Bedřich Reicin und Leutnant Jan Čubka beim Massaker von Postelberg beleuchtete: Letzterer – so der Zeuge – habe die Massenhinrichtungen befohlen und selbst durchgeführt, Ersterer habe von Ihnen Kenntnis gehabt. Beigegeben sind den Dokumenten einführende Aufsätze von Peter Klepsch und Herbert Voitl, von dem überdies zusätzliche kommentierende und kontextualisierende Texte stammen. Mit den Texten dieser beiden Autoren, die der Ermordung in Postelberg entgingen, dokumentiert Kalckhoff zugleich die Aufarbeitung des Massakers seitens der organisierten deutschen Heimatvertriebenen, was das von ihm aufgespannte Panorama um eine weitere Facette ergänzt.

Umso mehr gilt dies für das Mittel- und (so wird man zurecht sagen dürfen) Herzstück der Dokumentation, kommen hier doch die Opfer – Überlebende des Massakers – zu Wort: neben acht Saazern sind dies vier weitere Deutschböhmen aus dem Kreis Aussig. Während einer der Berichte – von Ottokar Kremen – nur fünf Jahre nach dem Massaker entstand, wurden die elf weiteren Berichte erst in den 2000er-Jahren, also mit einem größeren zeitlichen Abstand zu den Ereignissen aufgezeichnet bzw. verschriftet. Ergänzt werden die zwölf namentlich autorisierten Berichte um einen anonymen Text, der die Ermordung des Saazer Kapuzinerpaters Maximilian Hilbert am 7. Juni 1945 thematisiert. In seiner Vorbemerkung betont Kalckhoff den gewandelten Stellenwert, der den Zeitzeugenberichten –  dem zuvor einzigen und überdies aufgrund seines emotionalen und teils politisch aufgeladenen Charakters misstrauisch betrachteten Zeugnis der Ereignisse – durch die Auffindung und Publizierung der im ersten Teil dokumentierten Akten zukommt: „Sie sind nicht mehr umstrittene historische Primärquellen, denen man mit gemischten Gefühlen begegnet, weil ihre Behauptungen unbewiesen sind, sondern bildhafte und emotional bewegende Lebenszeugnisse, die nüchterne Akten farbig illustrieren – wenn auch auf schreckliche Weise.“ In ganz anderer, aber ebenso schrecklicher Weise leistet dies auch die – den zweiten Teil abschließende – Liste der Todesopfer im Saazer Land nach Ende des Zweiten Weltkriegs.

Hierbei bleibt Kalckhoff jedoch nicht stehen. Vielmehr stellt er, wie eingangs bereits erwähnt, den ersten beiden einen dritten Hauptteil zur Seite: „‚Diese Erniedrigung des Menschen‘: Scham, Gedenken und Versöhnung“. Hier kommt der Prozess des „Entlügens“ und der Versöhnung durch Wahrheit anhand der Jahre 1995 bis 2010 selbst explizit in den Blick. Dieser begann im Oktober 1995 mit der Veröffentlichung eines zweiteiligen umfangreichen Beitrags zum Massaker in der Zeitung „Svoboný HLAS“ und führte über vielfältige deutsch-tschechische Begegnungen – und immer wieder auch gegen Widerstände – bis zur Enthüllung einer Gedenktafel für die Opfer am 6. Juni 2010 in Postelberg. Man mag es bedauern, dass die Neuauflage der Dokumentation von Kalckhoff nicht genutzt wurde, um den letzten Hauptteil um Zeugnisse aus dem zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts zu ergänzen. Diese Lücke zur Gegenwart hin wird jedoch zumindest teilweise durch eine als „Nachlese“ in das Buch aufgenommene Reportage des tschechischen Historikers Jan Novotný aus dem Jahre 2017 geschlossen, der anlässlich des politisch fragwürdigen Abrisses der Postelberger Reiterkaserne, des Tatorts des Massakers, einen durchaus kritischen Blick auf den gegenwärtigen Stand des Postelberg-Gedenkens wirft: „An dem Ort, an dem Hunderte von Sudetendeutschen vor ihrem Tod konzentriert wurden und an dem sich nach Aussagen einiger Zeugen noch immer die Gräber der Opfer befinden, werden Familienhäuser mit Gärten stehen.“ Angesichts derartiger Entwicklungen zeigt sich die besondere Bedeutung von aktiven Prozessen des „Entlügens“ der Geschichte und einer daran anknüpfenden, auf Versöhnung zielenden Erinnerungsarbeit. Dokumentationen wie diejenige von Andreas Kalckhoff können hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten und Anregung geben – nicht zuletzt auch für entsprechende Initiativen in Polen.

Tilman Asmus Fischer

Andreas Kalckhoff, Was geschah in Saaz und Postelberg im Juni 1945? Geheime Dokumente und Zeitzeugenberichte enthüllen das Unfassbare / Co se stalo v Žatci a Postoloprtech v červnu 1945? Tajné dokumenty a svědecké odhalují nesrozumitelné události, Leipzig 2022, 529 Seiten, 49,80 Euro. ISBN 978-3-00-070731-5

Erschienen in: Der Westpreuße – Begegnungen mit einer europäischen Kulturregion 3/2023.

„Wir müssen getragen worden sein!“

Ein Symposium erinnerte in der Bundeshauptstadt an das Schicksal der ostpreußischen Wolfskinder

Wo Krieg herrscht, sind Kinder in besonderer Weise von den Folgen der Gewalt betroffen. Dies gilt nicht zuletzt auch für den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, in dem der Aggressor nicht davor zurückschreckt, ukrainische Minderjährige zu verschleppen. Dazu, die Auseinandersetzung mit diesem spezifischen Kriegsschicksal in historischer Perspektive zu vertiefen, trug ein Symposium der Gesellschaft für bedrohte Völker und der Bundeszentrale für politische Bildung am 23. März in Berlin zum Thema „Wolfs- und Kriegskinder. Geschichte, Erinnerung und Gegenwart im und nach dem Zweiten Weltkrieg“ bei. Höhepunkt war ein abschließendes öffentliches Zeitzeugengespräch, das eine der inzwischen seltenen Möglichkeiten zur Begegnung mit gleich mehreren Vertretern der bereits hochbetagten Erlebnisgeneration der Wolfskinder eröffnete.

Die beiden vorangehenden Panels am Nachmittag befassten sich zunächst in weiterer räumlicher Perspektive mit „Verfolgungserfahrung und Agency“ von Kindern im vom Deutschen Reich besetzten Osteuropa und sodann auf Ostpreußen fokussiert mit der „Gedächtnisgeschichte der Wolfskinder im transnationalen Kontext“.

In der ersten, von Professor Dorothee Wierling (Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg an der Universität Hamburg) moderierten, Sektion wurde nach den Erfahrungen wie nach der Handlungsmacht osteuropäischer Kinder unter deutscher Besatzung anhand dreier Beispiele gefragt: Dr. Yuliya von Saal (Institut für Zeitgeschichte, München) betrachtete die „Kriegserfahrung der Kinder im besetzten Belarus (1941-1944)“, während Dr. Irina Rebrova (Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin) sich der doppelten Verfolgungs- und Unterdrückungsgeschichte der „Kinder mit körperlichen und geistigen Behinderungen in den besetzten Gebieten der Russischen Sowjetrepublik“ annahm; Professor Johannes-Dieter Steinert erörterte das Schicksal „Polnische[r] und sowjetische[r] Kinderzwangsarbeiter im nationalsozialistischen Deutschland und im besetzten Osteuropa“.

Die zweite Sektion näherte sich dem Schicksal der ostpreußischen Wolfskinder – bzw. konkret der an dieses anknüpfenden Erinnerungskultur – unter Moderation des Historikers und Publizisten Dr. Vincent Regente (Flucht und Vertreibung in europäischen Museen, 2020). Dieser Zugang gelang durch die Verknüpfung von Perspektiven der litauischen und deutschen Geschichtsforschung: Rūta Matimaitytė (Doktorandin am Lithunian Institute of History, Wilna) sprach unter dem Titel „Der kleine Deutsche“ über das „Erwachen einer unterdrückten Erinnerung am Beginn der Unabhängigkeit Litauens“ und kam mit dem Historiker und Autor Dr. Christopher Spatz (Nur der Himmel blieb derselbe, 2016) ins Gespräch, der über „Ostpreußens Wolfskinder“ und deren „lange[n] Weg ins bundesdeutsche Erinnern“ referierte. Historische Parallelen klangen vermittels der Regisseurin Barbara Sieroslawski an, die über „Mädchengeschichten“ – ihren 2020 erschienenen Dokumentarfilm über Kriegskindheiten im besetzten Polen – sprach.

Bei der abschließenden Podiumsdiskussion fungierte nun Dr. Christopher Spatz als Moderator und führte durch das Gespräch mit Alfreda Luise Quitsch-Kažukauskienė, Vorsitzende des Vereins „Edelweiß-Wolfskinder“ in Wilna, sowie den in Deutschland lebenden Wolfskindern Johanna Rüger (Lichtenau b. Chemnitz), Bruno Roepschläger (Bad Schwartau) und Klaus Weiß (Pattensen b. Hannover).

Johanna Rüger war 1934 in Ostpreußen geboren worden und geriet nach dem Krieg mit anderen Kindern nach Weedern (Kreis Gumbinnen), wo die Eltern zur Zwangsarbeit verpflichtet – wobei sie auch die sexualisierte Gewalt dieser Jahre nicht ausklammert: „Als die Russen genug von den Frauen hatten, wurden sie abtransportiert.“ Wenn die Eltern bei der Ausplünderung Ostpreußens durch die Rote Armee helfen mussten und als Zwangsarbeiter Transporte bis nach Brest begleiteten, blieben die Kinder ihrem Schicksal überlassen. „Manche Kinder“, berichtet Rüger, „verrohten, andere wollten nicht mehr weiterleben, andere wollten unbedingt weiterleben – dazu gehörte ich.“ So ging sie in den Jahren 1946 und 1947 immer wieder auf Betteltouren nach Litauen. „Es ging uns eigentlich gut in Litauen“, sagte sie – und setzt hinzu: „Schlimmes habe ich vielleicht vergessen, wie Kinder das tun. Das geht weg.“ Nachdem sie 1948 nach Sachsen abtransportiert worden war, besuchte Rüger 1993 erstmals wieder ihr – inzwischen zerstörtes – Heimatdorf. Wie deutet sie heute rückblickend die Erlebnisse in Ostpreußen und Litauen? „Mein Leben ist christlich geprägt: Wir müssen getragen worden sein!“

Bruno Roepschläger wurde 1937 in Groß Hoppenbruch (Kreis Heiligenbeil) geboren. Am Kriegsende verloren seine Mutter und Schwester beim Bombenangriff auf Fischhausen ihr leben. 1946/1947 floh der Waise nach Litauen, wo er Aufnahme bei Bauern fand: „War ein Bauer nicht gut zu einem, so zog man zum nächsten Bauern“, beschreibt er rückblickend seine Wanderschaft. Aufgrund einer Beinverletzung musste der Junge schließlich in ein Krankenhaus, von wo aus er in die Obhut eines Kinderheims gegeben wurde. Anders als Johanna Rüger blieb Roepschläger in Litauen und beteiligte sich 1991 an der Gründung der Selbstorganisation der in Litauen verbliebenen Wolfskinder, des Vereins „Edelweiß-Wolfskinder“. 1996 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland aus.

Klaus Weiß wurde ebenfalls 1937 in Ostpreußen geboren und floh 1946/47 nach Litauen. Die Flucht war geprägt von menschlicher Härte, aber auch Zuwendung: „Manche Litauer haben mich mit der Peitsche von ihrem Wagen gejagt, so mancher hat mich an der Chaussee mitgenommen.“ So gelangte er letztlich zu einer Pflegefamilie: „Meine Pflegemutter hat viel Gutes getan“, erinnert er sich dankbar an die Frau, die ihn sogar pflegte und kurierte, als er an Kinderlähmung erkrankt war und ihn die Ärzte ihn bereits aufgegeben hatten. 1948 fielen seine Pflegeeltern den staatlichen Maßnahmen gegen die „Waldbrüder“ zum Opfer: Wie andere der Zusammenarbeit mit der antibolschewistischen Widerstandsgruppe verdächtigten Litauer wurden sie nach Sibirien deportiert. Aufgrund der Liebe zu seiner Pflegemutter habe Weiß sich, wie er betont, „nicht gewehrt, mit ihnen verschleppt zu werden“. In Sibirien erlitt er mit ihnen Hunger, Läuse und Moskitos. 1966 gelang ihm die Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland.

Die heutige Edelweiß-Vorsitzende Quitsch erinnerte an die turbulenten Jahre der Vereinsgründung nach dem Ende der kommunistischen Gewaltherrschaft: „Damals wurden verschiedene Minderheitenvereine gegründet, darunter 25 deutsche.“ Von diesen bestehen heute noch vier. Gegründet wurde „Edelweiß“ bei einer Versammlung in der deutschen Botschaft gegründet. Damals hatten viele Wolfskinder über die Jahrzehnte das Deutsche verlernt – zumindest das gesprochene. Jedoch, hebt Quitsch hervor, „alle konnten deutsch singen“ und so wurde bald ein eigener Chor gegründet: „Wir haben gesungen, was im Herzen liegt.“ Die noch 26 Mitglieder leben heute über Litauen verstreut in bescheidenen Verhältnissen: „Die meisten hatten wegen mangelnder Sprachfähigkeit schlecht bezahlte Berufe“, gibt Quitsch zu bedenken, „und entsprechend klein sind ihre Renten.“

Tilman Asmus Fischer (DOD)

Erschienen in: Der Westpreuße – Landsmannschaftliche Nachrichten 2/2023.

Nach dem Ende der Illusionen

Die Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Gwendolyn Sasse hat bereits acht Monate nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine eine fundierte Überblicksdarstellung der Hintergründe und Entwicklungen des Krieges vorgelegt. Im Interview mit Tilman A. Fischer spricht die Wissenschaftliche Direktorin des Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) in Berlin über die Implikationen für die europäische Außen- und Sicherheitspolitik.

Frau Professor Sasse, Sie üben wiederholt Kritik an der – teils überwundenen – Perspektive „des Westens“ auf Russland. Welche westlichen Illusionen sind mit und seit dem 24. Februar 2022 zertrümmert worden?

Zum einen ist das die Illusion, dass man Russland von außen verändern kann. Allerdings hatten sich vielleicht auch schon weniger Menschen in der deutschen und europäischen Politik dieser Illusion hingegeben; aber die Illusion, die es noch gab, war die Vorstellung, dass man das Verhältnis managen und die einseitige Energieabhängigkeit ausbalancieren könnte. Zwischen diesen Ideen von „Wandel durch Handel“ oder zumindest „sicherheitspolitischer Stabilität durch Handel“ bewegt sich diese Hauptillusion, die am 24. Februar 2022 zerbrach. Zum anderen gehört dazu, dass man in der deutschen und europäischen Öffentlichkeit gar kein klares Bild von der Ukraine als Staat und Gesellschaft hatte. Nur so erklärt sich, wie überrascht man nach Kriegsbeginn hierzulande über die militärische, politische und gesellschaftliche Resilienz der Ukraine war.

Was lehrt uns dieser Befund über den vor dem Angriffskrieg eingeübten Blick Deutschlands und Europas auf Ost- und Ostmitteleuropa?

Dazu gehört wieder zweierlei: Einerseits hat man zu lange das gesprochene und geschriebene Wort Putins und einiger seiner Eliten über die Ukraine nicht ernstgenommen – selbst das, was er in deutschen Zeitungen veröffentlicht hat. Man hat sich nicht vorstellen können, dass das wirklich in Politik umgesetzt werden könnte. Daraus folgt die Lehre, dass man Rhetorik – und vor allem staatliche Rhetorik – ernstnehmen muss. Andererseits hat man vor allem in Deutschland, aber auch in Europa, die Sowjetunion als Russland fortgeschrieben. Viele ostmitteleuropäische Staaten kamen in dieser Wahrnehmung gar nicht vor und es gab keinen differenzierten Blick auf Staaten wie die Ukraine; gleiches gilt für Moldau und Belarus. Es liegt eine große Schwäche darin, dass es nicht gelungen ist, den eigenen Blick den politischen Wirklichkeiten anzupassen, sondern sich vielmehr die Wahrnehmung – bewusst oder unbewusst – auf Russland verengt hat.

Vor welchen Herausforderungen steht die EU nun nach dem Ende der Illusionen?

Was ganz deutlich wird, ist, dass die EU außenpolitisch, aber auch im Innern, an die Grenzen ihrer Funktionsfähigkeit gestoßen ist. Es stehen außen- und sicherheitspolitische Grundsatzfragen im Raum, aber auch interne Reformen, die u.a. für einen ukrainischen EU-Beitritt unerlässlich sind.

Lassen Sie uns vielleicht zunächst die innere Verfasstheit der EU fokussieren! Mit Russland befindet sich die EU in einem offenen Konflikt mit einem autoritären Staat. Welche Konsequenzen hat dies für autoritäre Tendenzen in einzelnen EU-Mitgliedsstaaten – mithin für die Spannungen zwischen der Visegrád-Gruppe und dem Westen der EU?

Wir sehen keine so klare Ost-West-Spaltung der EU, und das ist auch gut so. Aber natürlich bleiben die autoritären Tendenzen und Regime, die es in der EU gibt, bestehen – vor allem in Ungarn, welches ein schwieriger Partner in Fragen der Russland-Politik ist. Allerdings war vor Februar letzten Jahres klar, dass Polen und Ungarn sich gegenseitig unterstützen und die wenigen Sanktionsmöglichkeiten in der EU aushebeln würden. Das ist jetzt gebrochen, weil Polen sich mit Blick auf die Ukraine anders positioniert als Ungarn. Das heißt aber nicht, dass sich innenpolitisch in Polen irgendetwas verändert hätte. Vielleicht kommt das noch. Aber im Moment ist das nicht zu erkennen. Die Herausforderung im Moment ist, zu sehen: Wo gibt es Solidarität, um in dieser Situation als EU zu funktionieren und die Bedingungen für eine Beitrittsperspektive für einen ukrainischen EU-Beitritt zu schaffen? Denn, wenn es eine glaubwürdige Perspektive sein soll, setzt das voraus, dass sich auch die EU reformiert. Die Probleme innerhalb der EU – und die inneren Gefährdungen für die Demokratie – bleiben bestehen, vielleicht aber schärft die Auseinandersetzung mit dem autoritären Regime in Moskau den Blick für sie.

Wie wird sich wiederum die Außen- und Sicherheitspolitik der EU verändern müssen?

Das ist eine offene Frage – aber die EU muss sich verändern und muss auch die Politik gegenüber ihrer sogenannten Nachbarschaft anpassen. Denn es ist einiges in Bewegung: in der Ukraine ohnehin – und Ukraine und Moldau haben jetzt eine konkrete Beitrittsperspektive. Hier wird es darum gehen, diese glaubwürdig zu gestalten und mit notwendigen Reformen – und im Falle der Ukraine mit dem Wiederaufbau – zu verknüpfen. Das wird eine sehr große Herausforderung sein. Darüber hinaus wird die Politik, die sich an die weitere Nachbarschaft richtet, Anpassungen erfahren müssen. Auch Beziehungen in den Südlaukasus werden stärker als bisher differenziert werden müssen – insbesondere, wenn wir an das autoritäre Aserbaidschan denken. Regional verändern sich in dieser Gegend die Machtverhältnisse, nicht zuletzt, da Russland sich momentan auf den Krieg in der Ukraine konzentrieren muss, was Ressourcen bindet. Das hat Folgen für Akteure wie Aserbaidschan, die im  militärischen Konflikt mit Armenien um Bergkarabach den neuen Spielraum austesten, aber auch für die Rolle der Türkei oder des Irans in der Region. Daraufhin muss die EU sich in Ihrer Politik anpassen.

Was ist hierzu notwendig?

Sie muss generell präsenter werden, auch über die Länder der östlichen Partnerschaft hinaus, und klarer formulieren, was sie in Beziehungen mit Ländern etwa in Zentralasien, aber auch in Asien oder Afrika anzubieten hat. Das ist bisher eher diffus geblieben. Bedingungen wie die Regelungen zur Beschlussfassung innerhalb der EU müssen verändert werden, wenn sie ein glaubwürdiger Akteur in der Außen- und Sicherheitspolitik sein will, was von ihr erwartet wird: in der EU, in der Ukraine ohnehin, aber auch in Washington. Die USA erwarten schon seit langem, dass die EU souveräner wird. Es gibt noch nicht einmal einen Konsens, was für ein sicherheitspolitischer Akteur die EU sein will und ob dazu auch eine gemeinsame militärische Dimension gehört, wie der französische Atomschirm. Auch der derzeitige Konsens hinter der militärischen Unterstützung für die Ukraine könnte sowohl in Teilen der EU als auch in den USA brüchig werden.

Gwendolyn Sasse, Der Krieg gegen die Ukraine. Hintergründe, Ereignisse, Folgen, C. H. Beck, München 2022. 128 Seiten, 4 Karten; 12,00 €; ISBN 978-3-406-79305-9.

Erschienen in: Der Westpreuße – Begegnungen mit einer europäischen Kulturregion 1/2023.

„Putins Intention war klar gescheitert“

Ein Blick auf die Hintergründe und Folgen des Kriegs in der Ukraine

Von Tilman Asmus Fischer

„Warum dieser Krieg? Warum jetzt?“ Diese Fragen prägten den Tenor des medialen Echos auf den russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 – und mit ihnen überschreibt Gwendolyn Sasse das erste Kapitel ihres Ende desselben Jahres in der Reihe „C. H. Beck Wissen“ erschienen Buches, welches dem „Krieg gegen die Ukraine“ eine prägnante Überblicksdarstellung und Analyse widmet. Dabei erwartet den Leser mehr als eine Ereignisgeschichte der vergangenen fast zwölf Monate, nämlich eine kluge und weitsichtige Einordnung ebendieser in historische und politische Prozesse seit dem Untergang der Sowjetunion und insbesondere ab 2014. Denn der Krieg beginnt für die Direktorin des Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien begründetermaßen bereits mit der völkerrechtswidrigen Krim-Annexion und geht nach dem unmittelbar hieran anschließenden Krieg im Donbas mit dem Angriffskrieg 2022 bereits in seine dritte Phase.

Das Geschehen seit 2014, sowie seine Folgen sind Gegenstand des zweiten Teils des Buches, während sich der erste der Vorgeschichte annimmt und Entwicklungen sowohl in der Ukraine als auch in Russland fokussiert. Dabei vermeidet Sasse explizit eine Verengung auf das Narrativ von „Putins Krieg“, sondern bietet zur Erklärung der Eskalation seit Februar 2022 vielmehr ein „Geflecht von miteinander verbundenen Entwicklungen“ an, welches seine Mitte findet in „Russlands autoritäre[m] Systemerhalt samt seiner neo-imperialen Machtprojektion“ hat. Hinzu treten als weitere entscheidende Faktoren „die Durchdringung der russischen Gesellschaft mit staatlicher Geschichtspolitik und Propaganda“, „die Demokratisierung und Westorientierung der Ukraine“, „die Stärkung einer staatszentrierten ukrainischen Identität“, „die zunehmende Diskrepanz zwischen westlichen und russischen Sicherheitswahrnehmungen“, „die wachsenden Widersprüche in der westlichen Russland-Politik“ sowie „die Sukzessive Ausweitung des Krieges seit 2014“.

In Aufgriff einzelner dieser Faktoren vertieft Sasse die Perspektive auf die Ukraine und Russland in einzelnen Kapiteln zu drei zentralen Aspekten: Hinsichtlich der Ukraine nimmt sie einerseits unter den Schlagwörtern „Unabhängigkeit und Territorium“ die Diskurse um die territoriale Integrität und Identität der Ukraine nach dem Ende der Sowjetunion in den Blick. Andererseits entwirft sie eine stimmige Geschichte der politischen Transformation der Ukraine seit ihrer Eigenständigkeit, in der aufgrund des „enge[n] Zusammenhang[s] von Protest und Transformation“ die „Gesellschaft zur Hauptfigur“ wird. Russland tritt nochmals unter den Gesichtspunkten des „Autoritarismus und (Neo-)Imperialismus“ in Erscheinung. Dabei schlägt die Autorin, die selbst den Lehrstuhl für Vergleichende Demokratie- und Autoritarismusforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin bekleidet, als Interpretament für das gegenwärtige russische Regime den Begriff „digitaler Autoritarismus“ vor. Dieser „erfasst die miteinander verwobenen Aspekte von Überwachungsmechanismen, der Omnipräsenz staatlicher Propaganda und der Medienaufsicht, eine bewusste Verunsicherung der Bevölkerung durch unterschiedliche Darstellungen internationaler Ereignisse und die teilweise Kontrolle des Internets auf dem Weg zum deklarierten Ziel eines spezifisch russischen ‚souveränen Internets‘“.

Der nüchtern-klarsichtige Zugriff, der bereits den ersten Teil des Buchs prägte, kommt ebenso im zweiten, die Jahre ab 2014 erörternden, Teil auf wohltuende Weise zu Geltung. Denn die Autorin zeichnet sich ebenso durch ‚Mut zur These‘, wie durch sachliche Unvoreingenommenheit in der Begründung aus. So benennt Sie mehrfach und ohne Umschweife dass aus allen Befunden ihrer Analyse sprechende Kriegsziel Russlands, wie es sich in den vergangenen Jahren entwickelt hat: „Es geht um die Zerstörung des ukrainischen Staats und der Idee einer eigenständigen ukraininischen Nation.“ Die deutliche Einschätzung der verbrecherischen Kriegsführung durch den Kreml verleitet Sasse jedoch nicht dazu, in anti-russische Narrative zu verfallen. So vermag sie etwa auf die Schwarzmeer-Halbinsel bezogene historische Narrative und Ansprüche krimtatarischer, russischer wie ukrainischer Provenienz gleichermaßen zur Geltung zu bringen – unbeschadet der Feststellung, dass es sich bei der Krim vor 2014 soziokulturell wie -politisch um einen „typischen Teil des Südostens der Ukraine“ handelte.

Dabei betont die Autorin wiederholt die faktische Relativierung ethnischer Identitätsmarker durch die Herausbildung einer staatlich orientierten Identität unter den Bürgern der Ukraine – bei gleichzeitiger Akzentuierung der regionalen Diversität innerhalb der ukrainischen Identitätsbildungsprozesse. Ausgehend von Ergebnissen der empirischen Sozialforschung zeigt Sasse dann gar auch, dass „Russlands Krieg gegen die Ukraine […] schon in seinen ersten zwei Phasen eine übergeordnete staatliche [ukrainische; TAF] Identität gestärkt [hatte], anstatt intern polarisierend zu wirken. Putins Intention war klar gescheitert.“ Exklusiv mit der dritten Phase des Krieges – also ab dem 24. Februar 2022 – befassen sich lediglich gut 20 Seiten, die in dichter Weise die zurückliegenden fast zwölf Monate rekapitulieren und analysieren. Dabei wird die Bereitschaft der Ukraine zu Verhandlungen ebenso deutlich wie Russlands gänzlich gegenläufige Haltung. Zurückhaltend ist Sasses Einschätzung zur kurzfristigen Wirksamkeit der westlichen Sanktionspolitik – mit Blick auf das Abstimmungsverhalten der VN-Gremien im Fall des Krieges, warnt sie gar, „dass Russland bei weitem nicht so international isoliert ist, wie im Westen oft betont wird“.

Es ist zu erwarten, dass der bereits vorliegenden zweiten Auflage von Sasses lesenswertem Buch noch weitere folgen werden, die dann womöglich als „korrigiert“, „überarbeitet“ oder „erweitert“ gekennzeichnet sein werden. Dies wird jedoch lediglich Daten, Karten, Frontverläufe und Prognosen betreffen. Keiner Revision bedürfen wird Sasses Plädoyer für einen neuen Blick des Westens auf die Ukraine – bzw. den gesamten ostmitteleuropäischen Raum. Die Autorin fordert – und dies zurecht – nicht weniger als „die Anerkennung (post-)imperialer Denkmuster, die zu lange die Sowjetunion mit Russland gleichsetzten und die Länder Ostmitteleuropas in ihrer politischen und kulturellen Vielfalt von unserer Wahrnehmung abkoppelten“. Wiederholt entlarvt Sasse an verschiedenen Stellen die Wirkmächtigkeit derartiger Denkmuster, die – etwa im Falle der lange Jahre in die Irre gehenden deutschen Russlandpolitik – fatale Konsequenzen zeitigten. Man kann nur hoffen, dass die ‚Zeitenwende‘ nicht nur für die militärische Infrastruktur und eine geostrategische Neuausrichtung der Außen- und Sicherheitspolitik, sondern ebenso für westliche Narrative über ‚den Osten‘ nachhaltige Wirkung entfaltet. Gwendolyn Sasse leistet hierzu jedenfalls einen wesentlichen Beitrag.  

Gwendolyn Sasse: Der Krieg gegen die Ukraine. Hintergründe, Ereignisse, Folgen. C.H. Beck München 2022, 128 Seiten, ISBN-13: 978-340679-305-9, EUR 12,–

Erschienen am 2. Februar 2023 in der Zeitung „Die Tagespost“ (www.die-tagespost.de).

„Breite Kreise haben die Bedeutung der Ukraine erkannt“

Welche Einsichten eröffnet der Krieg in der Ukraine über Russland? Und wie nachhaltig wird er die politische Landschaft in der Ukraine verändern? Gwendolyn Sasse, Direktorin des Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien, gibt Antworten.

Gwendolyn Sasse ist Direktorin des Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien. Jüngst veröffentlichte sie die Gesamtdarstellung „Der Krieg gegen die Ukraine“ (C.H. Beck).

Frau Sasse, in Ihrem kürzlich erschienenen Buch bieten Sie eine schlüssige Darstellung und Deutung des bisherigen Krieges Russlands gegen die Ukraine. Waren die Ereignisse seit dem 24. Februar 2022für Sie in den vorangegangenen Jahren vorhersehbar?

Es ist wichtig, den Beginn des Krieges auf 2014 zu datieren: Mit der Krim-Annexion beginnt der Krieg Russlands gegen die Ukraine, er setzt sich dann im Donbass-Krieg, den es ohne Russlands militärische und finanzielle Unterstützung nicht gegeben hätte, fort, und das ganze kulminiert dann in der dritten Phase dieses Krieges mit der großen Invasion ab letztem Februar. Ich habe die Krim-Annexion nicht vorhergesehen – und ich bin jemand, der sich seit den 90er Jahren mit der Krim beschäftigt hat – und ich würde soweit gehen, zu sagen: Auch die Krim-Bevölkerung, die ukrainische Bevölkerung und Politik ohnehin, aber auch die Bevölkerung in Russland sind von dem Akt überrascht worden.

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