Glaube – Heimat – Verständigung

Zum Tod von Helmut Sauer

Am 10. Januar ist Helmut Sauer, langjähriger CDU-Bundestagsabgeordneter und Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen (BdV), im 79. Lebensjahr in Braunschweig verstorben. Das Licht der Welt erblickte er am Heiligabend 1945 im schlesischen Quickendorf (Kreis Frankenstein). Im April des Folgejahres wurden er und seine Familie – die Eltern und seine Schwester Renate – aus ihrer Heimat vertrieben. Dem Schulabschluss folgte eine kaufmännische Ausbildung in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft in Salzgitter.

Insbesondere im politischen Ehrenamt blieb Sauer der Heimat seiner Familie und Geburt verbunden. Im Alter von nur 19 Jahren trat Sauer 1965 der CDU bei, deren Kreisvorsitzender er 1971 wurde. Bereits 1967 reiste er erstmals – gemeinsam mit dem Stadtjugendring Salzgitter – nach Schlesien. Dieser Reise sollten noch viele weitere in unterschiedlichen Funktionen folgen. Von den sich dabei zutragenden Begegnungen – sowohl mit Heimatverbliebenen als auch polnischen Gesprächspartnern – wusste er stets mit einer großen Begeisterung zu berichten. 1972 wurde Sauer – als zu diesem Zeitpunkt jüngster Abgeordneter – in den Deutschen Bundestag gewählt. Diesem sollte er bis 1994 angehören – 22 Jahre, in denen er sich nicht nur um die deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedler – dann Spätaussiedler –, sowie die Deutschen im östlichen Europa verdient machte, sondern ebenso um weitergehende Menschenrechtsfragen und die deutsch-polnischen Beziehungen. Über die Zeit als Parlamentarier hinaus war Sauer zudem bis 2017 Bundesvorsitzender der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU; das Amt hatte er seit 1989 inne.

Helmut Sauer, der 1982 zum Landesvorsitzenden der Landsmannschaft Schlesien in Niedersachsen gewählt worden war, amtierte zudem von 1984 bis 1992 und von 2000 bis 2014 als Vizepräsident des BdV. Zum Tod Sauers erklärte BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius: „Fast vier Jahrzehnte war Helmut Sauer nicht nur einer der wichtigsten Verantwortungsträger in unserem Verband, sondern auch Freund und Wegbegleiter sowie hochgeschätzter Mitstreiter in vielen unserer Anliegen.“ Sauer bleibe, so Fabritius, für alle Verantwortungsträger des BdV „in seiner Sachorientiertheit, seiner Menschlichkeit und seiner Motivation Vorbild und Antrieb zugleich“.

Zugleich erinnerte Fabritius an den engen Zusammenhang zwischen Sauers Heimatverbundenheit und seiner Religiosität: „Glaube und Heimat – so hat er es selbst immer wieder betont – waren wichtige Leitmotive seines Lebens. Im katholischen Glauben Schlesiens tief verwurzelt, hatte er sich eine gesunde Volksfrömmigkeit bewahrt.“ Eine zentrale Rolle kam dabei dem aus der mütterlichen Verwandtschaft stammenden katholischen Priester und Reichstagsabgeordneten der Zentrumspartei Carl Ulitzka zu, der ebenso in der Weimarer Republik für die Demokratie eintrat, wie er sich in der Zeit des Dritten Reichs gegen die nationalsozialistische Rassen- und Kirchenpolitik stellte. Man darf in Ulitzka wohl nicht umsonst ein Vorbild nicht nur für die dezidiert christliche, sondern zudem tiefst proeuropäische Orientierung Sauers sehen.

Der diesem Erbe entsprechende gesellschaftliche und politische Einsatz Sauers wurde auf vielfältige Weise gewürdigt: mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ebenso wie mit dem Schlesier-Kreuz der Landsmannschaft Schlesien sowie der Verdienstmedaille des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen. Mit der – aus tiefster Überzeugung erwachsenen – Verbindung von Heimatverbundenheit und Passion für die Völkerverständigung hat Helmut Sauer die Vertriebenen- sowie die deutsch-polnische Partnerschaftspolitik nachhaltig geprägt. Hier wie jenseits von Oder und Neiße wird man ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

Tilman Asmus Fischer

Erschienen in: Westpreußen – Begegnungen mit einer europäischen Kulturregion 1/2024.

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