Die Herausforderung der AfD: eine alternative Programmatik – auch in der Kirchenpolitik
Sie ist an der Fünfprozenthürde gescheitert – die „große Unbekannte“, als die die Alternative für Deutschland in den letzten Wochen gehandelt wurde. Was ist nun von dieser Partei zu erwarten, die zwar nicht in den Bundestag einzog, jedoch einen Achtungserfolg von 4,7% einfuhr?
Zunächst einmal sicherlich: Diskussionen. Zum einen im medialen Diskurs – denn es darf davon ausgegangen werden, dass diese neue APO auch in Zukunft auf die Political Correctnes weniger Rücksicht nehmen wird als die etablierten Parteien. Zum anderen innerhalb der Partei – denn im Wahlkampf war es ein geflügeltes Wort, eine Reihe programmatischer Justierungen stünden nach der Wahl an.
Dabei lässt die ideologische Herkunft der AfD-Mitglieder eine kontroverse Debatte erwarten. Der Politikwissenschaftler Dr. Daniel Eisermann erkennt innerhalb der Partei drei heterogene Strömungen: Liberale, gar Libertäre, Konservative, die von der CDU zuletzt zunehmend enttäuscht wurden, und „Bürgerbewegte“, die auf eine undogmatische Diskussionskultur hoffen. „Es gilt abzuwarten, welchen Anteil die einzelnen Strömungen bei der anstehenden Programmdiskussion haben werden“, so Eisermann.
Die AfD steht nun vor der Herausforderung, inhaltlich die Weichen für die Zukunft zu stellen und damit die Erwartungen zu erfüllen, die Teile der deutschen Bevölkerung an sie richten: Denn um sich glaubhaft als „Alternative“ zu etablieren, muss dem Bundestagswahlprogramm von wenigen Seiten eine komplexe Parteiprogrammatik folgen. Hierfür muss der Dialog zwischen möglichen Parteiflügeln konstruktiv moderiert werden. Sonst drohen wie bei den Piraten der Euphorie Streit und Marginalisierung zu folgen. In diesem Sinne sind wohl auch die Worte von Bernd Lucke aus einem parteiinternen Rundschreiben des Wahlabends zu verstehen: „Auch wenn manche von uns früher eher liberal, sozialdemokratisch, grün oder konservativ gedacht und gewählt haben – heute und ab jetzt müssen wir eine Einheit bilden.“
Eine der bisher offenen Fragen ist, wie sich die Partei zu Kirche und christlicher Ethik stellen wird. Während in Währungs- und Wirtschaftspolitik durch die Kritik an der aktuellen Euro-Rettung relativer Konsens besteht, ist gerade in der Kirchenpolitik das Spektrum möglicher Positionierungen noch weithin offen. Anklang fanden die familien- und sozialpolitischen Überlegungen der Berliner Frontfrau Beatrix von Storch bereits bei der evangelisch-evangelikalen Nachrichtenagentur „idea“ – jedoch ist die Rechtsanwältin wegen ihrer konservativen Positionen zur Familienpolitik auch im eigenen Landesverband nicht unumstritten.
In der Bildung sieht die AfD nicht in erster Linie den Staat, sondern vorerst die Familie in der Pflicht. Daher kann man spekulieren, ob sie sich auch als Unterstützerin von Schulen in freier Trägerschaft profilieren könnte, somit auch als Förderin kirchlicher Schulen. Anders sieht es bereits bei der Frage der Kirchensteuererhebung aus. Die Konservativen werden vermutlich bei der bisherigen Praxis bleiben wollen. Würden sich jedoch die Liberalen durchsetzen, könnte auch das Gegenteil zum Ziel erhoben werden. Bereits diese Beispiele lassen es erforderlich erscheinen, dass demnächst Gesprächen zwischen Vertretern von Partei und kirchlichen Kreisen geführt werden.
Tilman Asmus Fischer, Travemünde, den 25. September 2013